Mein Erlebnisbericht 07. Juli 2016 bis 10. Juli 2016

Die Zweite Nonstop-TourKaisersbach-Venedig-Kaisersbach

(Ergebnis - tatsächliche 1.316 km und 11.130 Höhenmeter)

 

Info`s

 

1)     Entstehung

Die Idee entstand im Winterhalbjahr 2015/2016. Das Erlebnis 2015 in Verbindung mit der   langen Radstrecke  2015, hatten so tiefe Eindrücke hinterlassen, dass letztendlich die Gedanken zu der Entscheidung führten, die gleiche Tour ein zweites Mal, in manchen Bereichen besser vorbereitet, sowie dann hoffentlich ohne Pleiten, Pech und Pannen, durchzuführen.

Als der Entschluss gereift war, ergaben sich recht kurz danach die nächsten gedanklichen

Entwicklungen. Diese beschäftigten sich damit, dass wenn schon gefahren wird, dies eventuell wieder mit einer Benefiz-Fahrt für einen guten Zweck zu verbinden. Das Ergebnis zu einer guten Sache, landete bei einer finanziellen Grundstocklegung, zur Schaffung einer Schülerlernwerkstatt in der Grundschule der Gemeinde Kaisersbach.  

Bei dieser Radfernfahrt, erschien mir die zweite gleiche Tour, noch nicht als zu normal.

Dass die Extrem-Tour wieder ein „Leidensweg 1. Klasse“ wird, wusste ich ja schon aus

der ersten Erfahrung des Jahres 2015.

2)     Allgemeines

Alleinfahrt mit Rennrad-Scott R1 (6,3 kg – Listenpreis 6.300 €) und Rucksack 4,2 kg incl. Rucksackgewicht, Xentis-Carbon Mark 1 clincher  Laufräder (ca. 1.400 €) mit lediglich 4 breiten Carbon-Speichen. Gegenüber einem normalen Speichen-Laufrad ergibt sich eine deutlich höhere Sicherheit, weil der Bruch einer Einzelspeiche praktisch ausgeschlossen

ist. Das Mehrgewicht von ca. 400 bis 500 g wird dabei gern in Kauf genommen. Garmin

Edge 1000 – Navi (ca. 600 € - sehr empfehlenswert - ich sehe für mich persönlich nur den Nachteil, dass der Akku etwas zu schnell leer ist) Front-LED-Licht Sigma EVO PRO (180 € -

sehr empfehlenswert – gibt aber schon wieder ein besseres Nachfolgemodell) mit 2 Akkus

(1 Akku hat 2 Nächte gehalten), 2 Rücklichter (Knog-Minilichter) (benötigte für 3 Nächte   

nur 1 Licht und den ersten Batteriesatz) mit 1 Satz Ersatzbatterien, Handy (alter Art – mit

2 Ersatz-Akku, (diesmal reichte seltsamerweise der Original-Akku), Digitalkamera für Orts-bilder mit Zeitregistrierung, Geldbeutel und Kreditkarte, Verpflegung mit Riegeln für ca. 1.200 km, fertige Mineralgetränke (Pulver) zum Mischen der Getränkeflaschen mit Wasser, 30 Salztabletten, einige Magnesium-Sticks, Aspirin- und Schmerztabletten, kleine Zahnbürste mit Mini-Zahn-creme, Landkartenausschnitte der gesamten Strecke für den Notfall (Navi-

ausfall oder leerer Akku – war im Nachhinein diesmal nicht notwendig), kleines Notizbuch

für Aufschriebe incl. Kugelschreiber, Sonnencreme, Salbe für die Halsmuskulatur (Finalgon für bessere Durchblutung), Melkfett für das gestresste Hinterteil (ganz wichtig - darauf

spielt sich letztendlich alles ab), Pflaster, Watte, 3 Ersatzschläuche, 1 Ersatz-Mantel (aus

der Erfahrung des Vorjahre), verschiedene Imbus-Schlüssel für kleinere Korrekturen und  Einstellungen.   

3)     Ausstattung (incl. der getragenen Kleidung)

Regenklamotten (Jacke, Hose, Radüberschuhe, 1 gepolsterte Radhose mit Kurzarm-Trikot, Unterhose mit Polster, 1 Unterhemd ärmellos, 1 Langarm-Trikot, 1 Windjacke ärmellos, Handschuhe kurz, Handschuhe lang für die Nachtfahrten, Toilettenpapier, Reserve-Contaktlinsen, Mini-Seife, Rad-Sonnenbrille und Rad-Brille (helle Gläser) für die Nacht.

4)     Nonstop

Unter „Nonstop“ ist zu verstehen, ohne Übernachtung, immer im Freien unterwegs bis an

das Ziel. Pausen sind „Stops“ an Tankstellen zum Füllen der Getränkeflaschen, weiterer Kauf von Verpflegung, möglichst kurze Rasten zur Erholung, die aber notwendig und wichtig sind,

schon wegen sich ständig erhöhender Erschöpfung und Übermüdung durch Schlafmangel.

Offensichtlich war die Angst vor dem „Einschlafen“ nicht mehr so ausgeprägt wie im Vor-

jahr. In der zweiten Nacht ergab sich ein Erschöpfungsschlaf von rd. 3 Std. 20 (ungewollt

lang in einer von Mauern umgebenen Hofeinfahrt (mit Rasengittersteinen) in Trento (ca.

23 Uhr 50 bis 3 Uhr 10) . ln der dritten Nacht nochmals ungewollt lang hinter einem Bus-haltehäuschen (Wiesenfläche) im Ettal (ca. 24 Uhr 00 bis 2 Uhr 00). Das Hinübergleiten in

den Schlaf passierte einfach die zwei Mal. Bei der Gesamtstrecke von 1.316 km (Hinfahrt insgesamt 639 km – Rückfahrt 677 km) und einer Gesamtzeit incl. aller notwendigen Pau-

sen von 82 Stunden war dies wohl nicht vermeidbar. Das Aufwachen geschah einfach des-halb wieder, weil  mit der Zeit die Unterkühlung vom Körper Besitz ergriffen hat. Die „Kühle“ der Nacht war also letztendlich der Wecker. Na ja, bequem war es auch nicht gerade.  

5)     Ergebnis

Ich habe es wieder geschafft. Ich konnte sogar rd. 8 Stunden früher wieder in die heimat-liche Hofeinfahrt einfahren. Davon ging ich immer unter der Voraussetzung aus, dass kein außergewöhnlicher Zwischenfall eintreten wird. Dies hat sich dann zumindest nicht in dem Ausmaß ergeben, dass eine bessere Zeit unmöglich wurde.       

Es gab keine schwerwiegenden Überraschungen. Dass der zweite Teil wieder ein richtiger

Leidensweg mit Grenzwerterfahrungen  wird, war schon vorher klar.

Die Hinfahrt war einfach nur schön. Da wäre ich gern ohne Rucksack auf ein reines Zeit-

ergebnis gefahren. Insgesamt rd. 30 Stunden auf dem Rad vertrage ich ohne Probleme. Venedig hin und zurück wird es aber definitiv mit mir nicht mehr geben. Jetzt bin ich zu-frieden. Eine Hinfahrt ohne Rucksack auf Zeit könnte ich mir allerdings noch vorstellen.

Dann aber in Venedig die Radschuhe schultern und durch Venedig schlendern, die Frau

am Markusplatz  treffen, gut „Essen“ gehen und ein „Fläschchen Wein“ niedermachen,

dort übernachten und ein paar Tage gemeinsam am Meer verbringen.

Die Idee (als reine Privatfahrt) hat sich schon wieder etwas in den Kopf eingenistet.

 

 

 

Erlebnisbericht

 

Das Wetter machte im Vorfeld schon heftige Sorgen. Ein relativ schönes Zeitfenster für min-

destens 3 Tage und Nächte, über die gesamte Strecke, gab es 2016, bis zum Feuerwehrfest

am 25.6./26.6.2016, praktisch nicht. Der Start hätte eigentlich am Donnerstag, dem 23.6.16

über die Bühne gehen sollen. Dies wäre mein Wunsch gewesen, dann hätte ich pünktlich zur Verlosung beim Feuerwehrfest, wieder in Kaisersbach einfahren können. Das wäre richtig toll gewesen. Hat aber nicht geklappt.  

Aber vielleicht war es besser so. Einen besonders schönen Anblick konnte ich bei der Ankunft

bestimmt nicht vermitteln.  

 

Die dauernden Wetterprognosen mit durchwachsenem Wetter machten mich total nervös.

Mein Training für die Teilnahme an diesjährigen Rad-Veranstaltungen ging ja normal weiter.

Trotzdem wusste ich, dass ich zumindest 5 Tage vor dem Start, das Training unterbrechen

musste. Ein ausgeruhter Körper ist Grundvoraussetzung für die Rad-Fernfahrt. Am 1.7.2016

machte ich noch eine ausgedehnte Tour über Waldenburg mit insgesamt 167 km. Dann am

Tag darauf, bei der gefühlten „hundertsten“ Sichtung der Wetterprognosen, ein Zeitfenster

für 3 Tage, weitgehend perfektes Wetter, über die komplette Strecke. Ab Donnerstag dem

7. Juli 2016, deutete sich gutes Wetter, bis zumindest Samstag, dem 9. Juli 2016 an. Da gab

es nichts mehr zu überlegen. Der Entschluss war gefasst, gestartet wird am Donnerstag.

Sollte sich innerhalb des Zeitfensters noch etwas ändern, dann wird dies einfach so hinge-

nommen. Es musste jetzt losgehen. Immer wieder war ich schon gefragt worden, wann ich

fahre bzw. ob ich schon wieder zurück bin. Dass ich von dem ständigen „Verschieben“ be-

reits sehr genervt war, konnte man mir ja glücklicherweise nicht ansehen. Etwas Positives

konnte ich den Verzögerungen auch abgewinnen. Am Starttag hätte ich abends Gemeinderatssitzung gehabt, die mir dadurch erspart blieb. Meine Chefin, Bürgermeisterin Katja Mül-

ler hatte volles Verständnis und befreite mich sofort von der Sitzungsteilnahme.

Jetzt war ich die nachfolgenden Tage sehr nervös und genoss die Vorfreude, wie früher als

Kind vor Weihnachten. Von Samstag bis zum Starttag wurde das Rad nicht mehr bewegt.

Jedes Detail wurde überprüft und der Rucksack incl. aller Utensilien vorbereitet. Schon am

Dienstag war alles perfekt und ich hätte sofort los fahren können. Die Wetterprognosen

hatten sich nicht mehr geändert. Beste Voraussetzungen und gute Laune für das Abenteuer

waren damit schon vorgegeben. Die Vorbereitung lief perfekt mit 8.000 Trainingskilometern

und keiner Verletzung.

Am Mittwoch-Vormittag wurde noch im Rathaus gearbeitet, aber die Aufregung war schon

deutlich spürbar. Zum Mittag-Essen gegen 13 Uhr 00 wurde der Tank mit einem deftigen Schlag

Spaghetti Bolognese aufgefüllt. Um 15 Uhr 30 gab es eine Schlaftablette, dass der Körper auch

richtig zur Ruhe geht. Das hat geklappt, so gegen 16 Uhr 30 bin ich eingeschlafen und am Don-

nerstag um 4 Uhr 15 früh klingelte der Wecker. Es wurde bald darauf hell und es zeigte sich der schöne angekündigte Starttag.

Ich hatte ausreichend Zeit und konnte mich gemütlich für die mal andere Art der anstehenden

Arbeit herrichten. Zum Frühstück hatte mir meine liebe Frau diesmal keinen duftenden Kaffee

bereitgestellt. Sie ist auch aus Protest nicht mit aufgestanden. Ich hatte aber Verständnis dafür,

weil sie ja schon recht verärgert war, dass ich nach 2015, diese Gewalttour nun nochmals unter-nehme. Ich glaube damit habe ich Minuspunkte gesammelt. Also wurde ich selbst tätig. Ein guter Beamter kann schließlich auch Kaffee machen. Zum Kaffee gab es nochmals einen großen Schlag Spaghetti Bolognese (Diese hat mir aber meine Frau trotzdem tags zuvor zubereitet). Die Fahrt-

ausrüstung war ja bereit, also ging es in die Radklamotten und um ca. 5 Uhr 15 in den Keller, die

Laufräder aktuell auf 8,5 bar aufgepumpt, das Rad geschnappt und ab zum Start zur Bäckerei

Doderer beim Rathaus Kaisersbach.

 

Meine Chefin, Bürgermeisterin Katja Müller hat es sich wieder nicht nehmen lassen, mich direkt

zu verabschieden. Ich konnte ihr es nicht ausreden, obwohl ja an diesem Abend die Gemeinde-ratssitzung an stand und damit ein langer Arbeitstag vor ihr lag.     

Vor der Bäckerei stand auch schon das Bäckerehepaar Elke und Reiner Doderer. Nach einer kur-

zen Begrüßung machten wir ein paar Bilder und dann war ich nicht mehr zu halten. Um 5 Uhr 36 wurde ich mit den besten Wünschen verabschiedet und es begann das zweite Abenteuer nach Venedig.    

 

Jetzt wollte ich es erst alles langsam angehen lassen und ein gutes gleichmäßiges Tempo finden.

Dies gelang auch recht schnell und der runde Tritt war da. Als ich bei Sonnenschein und blauem Himmel über Lorch den Hohenstaufen hochfuhr war einfach Freude pur. Ich wollte absolut ge-

nießen mit dem Wissen, dass für mich der harte Teil erst mit der Rückfahrt ab Venedig beginnen wird. Aber bis dahin, davon ging ich einfach aus, werde ich viele schöne Rad-Stunden vor mir haben.

Bei herrlichem Wetter ging es dann über Ottenbach, Salach und Süßen nach Geislingen. Über Wes-

terstetten, Bernstadt, Göttingen, Oberelchingen, Nersingen und Straß wurde Ulm umfahren und Richtung Süden nach rd. 4 Stunden und 15 Minuten Ichenhausen erreicht. Über Krumbach ging es weiter nach Mindelheim, das um 12 Uhr 25 nach rd. 155 km durchfahren wurde. Um 12 Uhr 45

nach annähend 170 km radelte ich an Bad Wörishofen vorbei nach Kaufbeuren. Um 13 Uhr 25

wurde nach ca. 180 km Kaufbeuren, in Richtung Schongau umfahren. Kurz vor Schongau waren meine Getränkeflaschen mal wieder leer. Da hatte ich wohl nicht richtig aufgepasst. Auf freier Strecke kam ich durch ein kleines Weiler, wo ich eine kleine Kneipe zu Gesicht bekam. Davor saß

ein Gast, an einem einzigen Tisch, der gerade ein Bier trank. Ich hielt spontan an, trat ein und traf

die Wirtin gerade am Ausschank. Ich fragte, ob ich meine Getränkeflaschen auffüllen kann. Ver-mutlich kamen dort selten Fremde vorbei. Als sie meinen Rucksack mit der rausstehenden Deutsch-landfahne sah, fragte sie mich etwas neugierig wo es denn hingeht. Das Interesse wurde noch et-

was größer als ich mein erstes Ziel Venedig nannte. Da erläuterte ich ihr kurz meine Benefiz-Fahrt

nach Venedig und zurück. Ich glaube sie war etwas beeindruckt. Nachdem sie nämlich meine Ge-

tränkeflaschen gefüllt hatte, wollte sie keine Bezahlung. Sie sagte, sie sponsere meine Fahrt zu-sätzlich mit dem kostenlosen Getränk. Das war echt nett. Ich schrieb ihr die Internetseite auf und

verabschiedete mich mit den Worten, dass sie dort nachschauen kann, was aus meiner Fahrt ge-worden ist. Sie wünschte mir viel Glück auf der weiteren Fahrt und sagte, dass sie auf jeden Fall

in die Internetseite Einsicht nehmen wird.      

Um 14 Uhr 15 war ich nach 207 km in Schongau. Um ca. 17 Uhr 30 kam der erste ungewollte

Stop. Innerhalb von 5 Minuten wurde ich zweimal von einer Biene, zunächst in die Brust und

kurz darauf in den Hals, gestochen. Da ich etwas allergisch gegenüber Bienenstichen reagiere,

wurde es mir schnell etwas übel und ich bekam Kreislaufprobleme. Ich musste anhalten und

legte mich im Schatten eines Baumes auf die Wiese. Glücklicherweise ging es mir nach rd. einer halben Stunde wieder ganz passabel und ich konnte die Weiterfahrt wieder in Angriff nehmen.

Die gute Laune hat das nicht beeinflusst. Die Pause auf der grünen Wiese hat auch gut getan. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich im Nahbereich von Mittenwald nach rd. 280 km.   

Um 20 Uhr 05 stand ich vor dem Ortsschild Innsbruck. Der Tacho zeigte aktuell 315 km an. Es be-

gann der Anstieg in Richtung Brennerpass. Endlich gibt es etwas Abwechslung indem es etwas in

die Berge geht. Alles ist eigentlich perfekt gelaufen. Der ganze Tag war toll und ich war weiterhin bester Laune. Die Auffahrt zum Brenner hat moderate Steigungen und ist angenehm zu fahren.

Da es langsam auf den Einbruch der Nacht zuging und das Europameisterschaftsspiel Deutsch-

land gegen Frankreich vor dem Anpfiff stand, war die Brennerstraße auch fast unbefahren. Auch

tagsüber war die bisherige komplette Strecke nur mit sehr wenig Verkehr belastet. 

Der Pass wurde nach 357 km um 22 Uhr 30 erreicht. Die 1. Nacht hatte begonnen. Ich machte an einer Tankstelle eine gemütliche längere Pause. Ich denke es war so 23 Uhr, als ein Mann heraus-kam, meinen Rucksack mit der Deutschlandfahne sah und spontan die Worte „Vive la France“ (Es lebe Frankreich) heraussprudelte. Da wusste ich sofort, für Deutschland ist die Europameister-

schaft zu Ende gegangen. Zum Glück hatte ich das nicht ansehen müssen.   

Kurz darauf ging nun die eigentliche Nachtfahrt los auf die südliche Seite runter über Sterzing nach Franzenfeste, wo dann der Abzweig in Richtung Bruneck eingeschlagen wurde. Bruneck wurde etwa um 1 Uhr 45 nach 425 km erreicht. In Cortina dAmpezzo traf ich um 4 Uhr 45 nach 482 km ein. Die

Nacht ging dem Ende zu. Es begann hell zu werden. Die Nachtfahrt war einsam bei angenehmen Temperaturen. Eigentlich hörte man nur das Schnurren der Kette. Müdigkeit gab es bisher nicht.

Gegenüber dem Rucksack hatte sich nach eigentlich sehr langer Zeit, nun doch wieder ein gewis-

ses Feindbild entwickelt. Er kam einem mit jeder Stunde schwerer vor.

Um etwa 7 Uhr 50 war ich nach 545 km in Belluno. Da passierte mir dann ein kleiner Lapsus, indem ich etwas unaufmerksam auf die Autostrada einbog. Parallel zur Autostrada fuhr gerade ein PKW

innerhalb einer Industrieanlage, der mich wohl gesichtet hatte und heftig hupte. Inzwischen war

ich schon ca. 200 m auf der Autobahn und „Zweispurigkeit“ kam mir auch etwas komisch vor. Ich

hielt also erstmal auf dem Seitenstreifen an. Da hörte auch das Hupen auf. Der hellwache PKW-Fahrer war sich wohl sicher, dass ich es jetzt geblickt hatte. Ich drehte auf dem Seitenstreifen um

und fuhr zurück. In dem ganzen Zeitraum bis ich die Autostrada wieder verlassen hatte, war kein

anderes Fahrzeug auf die Autobahn eingefahren. Das war also gut ausgegangen. Jetzt war ich

auch mal mit dem Fahrrad auf der Autobahn (und keiner hat mich überholt).

Um 9 Uhr 10 erreichte ich dann nach 578 km Conegliano. Es war schon recht warm. Aus den Wet-terprognosen wusste ich aber, dass mich in Italien sehr schwüles Wetter erwartet. Dies war also

schon am frühen Morgen absehbar.       

Bisher wurden nach durchschnittlich 120 km die Trinkflaschen gefüllt (2 Flaschen a 0,7 Liter). Es wurde dann auch etwas gegessen und eine kurze Pause eingelegt. Für den kleinen „Herren“ gab

es zusätzlich „Stops“ auf freier Strecke. Das Aufsuchen von Toiletten wurde vermieden. Dies des-

halb, weil die Angst zu groß war, dass das teure Rennrad, nach dem Toilettengang evtl. einen

neuen Eigentümer gefunden hat. Das war wieder ein echtes Problem mit dem man aber zurecht kommen muss, wenn man ganz allein unterwegs ist.

 

Um 11 Uhr 48 wieder das schöne Teilerlebnis, ich sehe das braune mit weißer Schrift unterlegte

Stadtschild (WELCOME-WILLKOMMEN-BIENVENUE  -  VENEZIA). Der Tachostand weist 639 km aus.    

Ich war voll zufrieden, die Glücksgefühle schossen hoch. Im Vorjahr war ich um 13 Uhr 15 ange-kommen. Da war ich aber auch 24 Minuten später gestartet. Diesmal verlor ich aber eine halbe Stunde durch die Bienenstiche. Das gleicht sich dann wohl aus. Dann war ich diesmal eigentlich

regulär tatsächlich 1 ½  Stunden früher am ersten Hauptziel, nämlich Venedig zu erreichen.

Die Muskulatur war 100 % in Ordnung, Ermüdung und Schlafmangel bewegten sich noch vollkom-

men im grünen Bereich. Die Gesamtverfassung und das Gefühl waren insgesamt einfach prima.          

 

Ich fuhr dann die Straße weiter und es öffnete sich die Straßenführung quer durch das Meerwas-

ser links und rechts nach Venezia Stadt. Ich fuhr noch 500 m weiter und machte auf dem Radweg

an der Mauerführung direkt am Meer eine Erholungspause. Es war inzwischen sehr schwül und ordentlich heiß geworden. Ich machte ein paar Aufnahmen und ließ alles genüsslich auf mich ein-wirken. Teil I war wie im Film perfekt abgelaufen.

Ich habe dann wohl etwas getrödelt. Denn es war dann 13 Uhr 04 als ich den Rucksack schulterte

das Rad in Fahrtrichtung „Heimat“ drehte. Das Navi hatte ich bisher nicht benötigt. Auch die Kar-tenausschnitte die ich sicherheitshalber dabei hatte, musste ich über die ganze Hinfahrt kein ein-

ziges Mal einsehen. Jetzt wurde aber das Navi wichtig, weil der Weg aus Venedig, Richtung Schio,

äußerst schlecht beschildert und relativ schlecht zu finden war. Die Rückfahrt sollte ja etwas Ab-wechslung in die Streckenführung bringen, indem wieder über den Gardasee auf dem Radweg

von Rovereto-Trento-Bozen-Brixen und Sterzing auf die alte Strecke über den Brenner gestoßen

wird. Das Navi wurde eingeschaltet und nach Eingabe der Teilstrecke nach Rovereto in Betrieb genommen. Die Streckenführung wurde geladen. Die Funktion war perfekt. Es ging auch dieses

Jahr gottlob gleich in die gewünschte Richtung.  

Von Vorteil war, dass ich die Strecke des Radweges ab Rovereto in Richtung Bozen und Brixen

zum Brenner aus früheren Fahrten zum Gardasee kannte. Das Navi musste also nur ein paar

Stunden gute Arbeit leisten.

Erst um 15 Uhr 15 kam ich nach nur 40 gefahrenen Kilometern nach Castelfranco Veneto. Die

Hitze (Schwüle) war inzwischen unerträglich geworden. Ich hatte mich schon zu Beginn der

Rückfahrt mit etwas mitgenommener Sonnenschutzcreme glücklicherweise nochmal einreiben können. Jetzt war ich erstmals geschlaucht. Auch Müdigkeit nahm erstmals Besitz von mir. Jetzt

war mir klar, wird nach und nach die Reststrecke immer mehr zum Leidensweg werden. Die Trinkflaschen waren inzwischen schon nach 70 Kilometern (vorher rd. 120 km) wieder leer.

Um 17 Uhr 25 kam ich nach Thiene und konnte erst auf 82 gefahrene Kilometer schauen.

Jetzt hatte ich für diese insgesamt 82 km 4 Stunden 25 Minuten benötigt. Ich war ziemlich

platt. Die Hitze hatte mir ganz schön Energien geraubt und hatte auch zu diesem Zeitpunkt

noch kaum nachgelassen.    

Als ich Schio erreichte war es schon nach 20 Uhr. Um 20 Uhr 55 befand ich mich dann schon

in der Auffahrt zum Passo „Pian delle Fugazze“. Ein heftiges „Päßchen“, dessen Gipfel auf rd.

1.163 m Höhe ich dann erst um 22 Uhr 20 überschreiten konnte. Inzwischen war es auch

Nacht geworden und es hatte leichter Nieselregen eingesetzt. Der war aber überhaupt nicht

störend. Vielmehr war es richtig angenehm etwas abzukühlen.  Die Nacht war also trotzdem

angenehm mild. Auf der Abfahrt nach Rovereto hörte es auch schon wieder auf und die Straße trocknete weitgehend ab. In Rovereto fuhr ich dann um 23 Uhr 35 ein. Ich hatte jetzt gerade

mal 142 km gefahren. Dafür hatte ich jetzt rd. 10 ½ Stunden benötigt. Es war zwar Nacht und

der Paß „P.d.Fugazze“ hatte zwar heftig Prozente und Höhenmeter, aber ich war schon sehr

zäh unterwegs. In Rovereto hielt ich dann kurz vor 24 Uhr innerorts an. Die Müdigkeit hatte

mich inzwischen voll im Griff. Ich sah direkt neben der Straße eine kleine Hofeinfahrt, die mit

einer ca. 1,30 m hohen Mauer umgeben war. Nichts wie rein marschiert. Hinter der Mauer

stellte ich erstmal mein Rad ab. Dann Rucksack runter, diesen an die Mauer gestellt, mich

selbst hingesetzt und in halb liegender Stellung an die Mauer gelehnt. Der Boden war mit

Rasengittersteinen ausgelegt und noch leicht feucht. Das störte mich aber in diesem Mo-

ment nicht die Bohne. Ich war kaputt aber trotzdem guter Laune. Es war toll nicht mehr zu

fahren, sondern nur vor mich hinzudösen. Kalt war es mir zunächst auch nicht. Auch der Bo-

den kam mir überhaupt nicht hart vor. Ich fühlte mich tatsächlich wohl. Ich nahm mir vor,

so etwa eine halbe Stunde auszuruhen. Dann bin ich wohl ungewollt eingeschlafen. Irgend-

wann wachte ich dann leicht fröstelnd auf. Ich fühlte mich recht ausgeruht und erhob mich

von meinem Schlaflager. Es war noch tiefe Nacht. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir 3 Uhr 10

an. Hoppla dachte ich, da bin ich aber ordentlich eingeschlafen. Na ja, egal, es war hier noch

genauso verlassen wie vorher und in meiner Schlafenszeit war nichts von meiner Ausrüstung verschwunden.

 

Dann ging es aber wieder los in Richtung Trento. Ich erreichte den Ort nach rd. 182 km um

4 Uhr 50. Ich fühlte mich gut und ausgeschlafen. Es begann hell zu werden. Wieder kündigte

sich am Himmel ein schöner Tag an. Da kam natürlich gleich wieder Freude auf. Ohne Proble-

me kam ich um 8 Uhr 10 nach Bozen. Inzwischen waren dann 228 km gefahren. Um etwa

11 Uhr 20 konnte ich nach rd. 270 km Brixen erreichen. Inzwischen war es wieder sehr heiß

und schwül geworden. Dieses Wetter war zwar sehr schön, schlauchte aber gewaltig. Die Mü-

digkeit verstärkte sich wieder deutlich. Die Abstände Getränke aufzufüllen, reduzierte sich

wieder auf ca. 70 km. Die beiden Trinkflaschen hatten ja einen Inhalt von zusammen 1,4 Li-

ter. Trotzdem ging es weiter und ich konnte um 15 Uhr 30 wieder den Brennerpaß erreichen.

Es waren jetzt 320 km abgearbeitet. Die Reststrecke, dass hatte ich ja von der Hinfahrt, wa-

ren jetzt noch 357 km. Ich hatte richtig Hunger und hatte inzwischen schon eine deutliche

Abneigung gegenüber den Power-Riegeln entwickelt. Ich hielt an einem Restaurant, direkt

neben der Pizzeria, in der ich im Vorjahr, im strömenden Regen, abends um ca. 21 Uhr, ein-

gekehrt war. Hier konnte ich im Freien sitzen und ein wenig das Treiben am Brenner be-

obachten. Erst bestellte ich mir mal ein alkoholfreies Weizenbier. Nach Studium der Karte

entschied ich mich für einen gemischten Salat und Spaghetti Carbonara. Es gab einen rich-

tig guten Schlag auf den Teller. Ich hatte das Gefühl schon ewig nichts Besseres gegessen

zu haben. Es dauerte nicht lange und ich konnte mich satt und zufrieden in den Stuhl leh-

nen. Jetzt hatte ich ja auch die Passhöhe und nun kam ja eine längere Abfahrt in Richtung

Innsbruck. Ich denke, ich bin so um 16 Uhr 30 wieder los gefahren. Bei der Abfahrt nach

Innsbruck begann plötzlich in steileren Abschnitten, bei Geschwindigkeiten annähernd

50 km/h der Rahmen aufzuschaukeln. Das war schon etwas beängstigend. Ich bremste

sofort runter und hielt an. Eine Begutachtung des Rahmens führte zu keinem Ergebnis.

Ich konnte zum Glück keinen Rahmenbruch feststellen. Also ging es weiter. Das Problem

tauchte immer wieder auf. Ich bremste dann runter auf 40 km/h. Bei dieser Geschwin-

digkeit stabilisierte sich dann der Rahmen wieder. War schon ein etwas komisches Ge-

fühl. Dann begannen meine Nackenprobleme. Es fiel mir immer schwerer den Kopf hoch-

zuhalten. Das deprimierte mich dann richtig. Wenn es sich so entwickelt wie im Vorjahr,

das wusste ich, dann kann ich nicht mehr besonders lange den Kopf mit der Nackenmus-

kulatur hochhalten. Und von Innsbruck aus, den Kopf mit der Hand stützend heimzu-

fahren, war nicht möglich. In Innsbruck angekommen, füllte ich bei drückender Hitze

wieder meine Getränkeflaschen auf. Die Hitze und Müdigkeit einschließlich der Nacken-

probleme, machten auch wieder eine Pause notwendig. Ich musste jetzt etwas für mei-

nen Nacken tun. Daheim hatte ich mich in einer Apotheke beraten lassen. Mir wurde

eine Finalgon-Salbe empfohlen. Diese fördert wohl die Durchblutung und kann das Pro-

blem abmildern oder auch beseitigen. Ich salbte dann mal kräftig ein. Zusätzlich mas-

sierte ich einige Zeit den ganzen hinteren Halsbereich. Danach legte ich mich gemüt-

lich ins Gras im Schatten eines Baumes. Und dann kam die Wirkung. Ich dachte mein

Hals hat Feuer gefangen. Das war schon annähernd als schmerzhaft zu bezeichnen.

Hatte ich es mit dem „Auftragen“ doch zu gut gemeint? Nach etwa einer halben Stun-

de bin ich dann weitergezogen. Und für mich war ein kleines Wunder geschehen. Ich

konnte meinen Kopf wieder normal anheben und bewegen. Sofort war natürlich für

mich wieder alles in bester Ordnung.           

Inzwischen war ich aber seit dem Brenner erst 42 km unterwegs. Jetzt hatte ich insge-

samt 362 km abgespult. Da ich ziemlich fertig war, hatte ich schon ein mulmiges Ge-

fühl vor dem Zirler Berg. Er ist wegen seiner heftigen Steigung berühmt und berüch-

tigt. Es geht über eine Länge von 4 km auf die Höhe von rd. 1.057 m. Die Steigung hat

zu großen Teilen 16 %. Dann ist man aber noch nicht oben. Es steigt weiter an bis See-

feld auf 1.180 m. Hier sind dann aber die Steigungsprozente wieder ganz verträglich.

Voll in der Sonne verließen mich 800 m vor dem Scheitelpunkt des Zirler Berges etwas

die Kräfte. Ich stieg in einer kleinen Ausbuchtung vom Rad. In dem Moment fuhr ge-

rade dick qualmend ein Bus vorbei. Da war ich mir auch nicht sicher, ob der oben an-

kommen wird. Ich auf jeden Fall zog die Radschuhe aus, band diese mit einem Klettband

zusammen, schulterte sie, schnappte das Rad und ging ein Stück zu Fuß. Das war mal rich-

tig angenehm, ein paar hundert Meter, bis zur Höhe des Zirler Berges, ohne Radschuhe

und nicht auf dem Rad, zu bewältigen. Die andere Belastung tat echt gut. 10 Minuten

später war ich dann oben. Die schlimmste Steigung hatte ich jetzt hinter mir.  

 

Nun ging es mit etwas mehr Elan in Richtung Garmisch-Partenkirchen. Um 22 Uhr 10 kam

ich dort nach nunmehr 418 km an. Es war in die dritte Nacht gegangen. Ich war zu diesem

Zeitpunkt ziemlich müde. Ich fuhr noch bis rd. 24 Uhr und musste dann wegen Erschöpfung

und Müdigkeit anhalten. Eine längere Pause stand an. Ich konnte nicht mehr. Ich war ge-

rade in einem kleinen Kaff bei einem Buswartehäuschen. Einsam und menschenleer er-

schien es mir als ein idealer Ort. Ich ging hinter das Wartehäuschen und legte mich dort

ins Gras. Die Temperaturen waren auch hier in Deutschland für die Nacht sehr angenehm.

Auch hier hatte ich vor, vielleicht etwa eine halbe Stunde vor mich hinzudösen und etwas

zu regenerieren. Das ging wieder schief. Ich schlief ein und wachte auch in dieser Nacht,

aber schon um 2 Uhr, etwas fröstelnd auf. Richtig erholt fühlte ich mich aber nicht mehr.

Ich war aber wieder hellwach und aufmerksam.   

Schon vor Kaufbeuren wurde es wieder hell. Ich freute mich, dass nun auch die letzte Nacht

hinter mir war. Um 6 Uhr 00 kam ich in Kaufbeuren an. Dort war dann der Tacho kurzfristig

ausgefallen. Er nahm dann sein Werk wieder neu bei 0 km auf. Der war wohl auch schon et-

was mitgenommen. Ich hatte wohl Aussicht auf einen letzten schönen Fahrtag. Der Tag zeigte

sich schon jetzt von seiner schönen Seite. Mir wurde schon etwas warm und ich hielt kurz an,

um etwas von der Kleidung im Rucksack zu verstauen. Da fuhr ein älterer Herr (na ja, er war

auch nicht mehr wie 5 Jahre älter als ich) gerade mit seinem Einkaufsrad her und hielt an. Er

war sehr aufgeschlossen und fragte, wo ich denn zu so früher Zeit schon hinfahre. In der kur-

zen Unterhaltung klärte ich ihn etwas auf. Dies gefiel ihm wohl. Er lud mich spontan zum Früh-

stück ein. Er war alleinstehend und gerade schon recht frühzeitig beim Bäcker gewesen. Ich

lehnte dankend ab, weil es mich einfach heim zog. Im Nachhinein ärgert es mich etwas. Es

wäre bestimmt nett gewesen und ich hatte doch eigentlich Zeit. Wir verabschiedeten uns

recht herzlich, obwohl wir uns ja kaum kannten.  

 

Ich fuhr dann ohne Pause, lediglich mit kurzen Unterbrechungen zum Getränke füllen, über

Krumbach (9 Uhr 50) bis nach Ichenhausen (10 Uhr 45). Auch Deutschland zeigte sich nun

immer mehr mit recht warmen Temperaturen. Es sollte ja der wärmste Tag 2016 werden.

Das bekam ich dann auch noch zu spüren. Jetzt hatte ich von der Rückfahrt 566 km hinter

mich gebracht. Noch 110 km und ich bin zu Hause. Ich sehnte mich schon danach, weil die

Fahrt immer schwerer fiel. Ich gab meine letzte Nachricht weiter. Dann wollte ich mich erst

wieder nach der Ankunft in Kaisersbach melden.

Komischerweise dachte ich dann an Essen. Jetzt ein deftiges Bauernbrot, einen Haufen an-

gerösteter Zwiebeln und fünf Spiegeleier, das wäre ein Traum.     

Ich fuhr vielleicht noch ca. 25 km, dann bekam ich wieder nach und nach immer heftigere

Schwierigkeiten mit dem Nacken. In Westerstetten, noch ca. 65 km vor Kaisersbach war

nichts mehr zu machen. Ich musste wieder ständig den Kopf mit der Hand stützen. Ich hielt

und brachte wieder meine Finalgon-Salbe zum Einsatz. Leider hat sie dieses Mal nicht mehr

gewirkt. Ich konnte nur noch kurz vor das Vorderrad sehen. Das Fahren wurde so noch an-strengender. Hinzu kam, dass inzwischen auch die Sonne unbarmherzig strahlte. Als ich in

Salach einfuhr, noch rd. 35 km vom Ziel bekam ich irgendwie einen Hitzestau. Gegessen

hatte ich schon einige Zeit nichts mehr. Jetzt stellte ich auch das Trinken nach und nach

ein. Mir fiel auf, dass ich immer öfters im Schatten eines Baumes anhielt und mir den Kopf

mit Wasser kühlte. Ich hatte den Eindruck mein Kopf glüht. Ich glaube, da stellte sich ein

Sonnenstich ein. Den Hohenstaufen und Lorch quälte ich mich nur noch mit letzter Kraft

hoch. Ich denke ich war schon etwas abwesend. Kinn, Nacken und auch der Handballen

schmerzte. In der stützenden Hand traten Taubheitsgefühle auf. Ich musste trotz der re-

signierenden Situation grinsen, weil mir das noch vom Vorjahr so bekannt vorkam. Aber

da war ich dann auch bald zu Hause. Was ich dieses Jahr nicht erlebt hatte, waren die un-

wirklichen Wahrnehmungen von anwesenden Personen oder die fehlenden Bäume und

Sträucher entlang der Straße. Das hätte ich eigentlich gerne noch mal erlebt, weil es in

nüchternem Zustand so unwirklich und irgendwie auch fantastisch war.      

Die letzten 10 km bis Kaisersbach bin ich dann bestimmt noch 10 bis 20 Mal im Schatten   abgestiegen und habe meinen Kopf gekühlt. Letztmals sogar noch am Ebnisee-Kreisel.

 

Als ich kurz darauf in die Garagenzufahrt einbog, schoss das Adrenalin hoch. Endlich  wie-

der daheim. Die Uhr zeigte 15 Uhr 45 an. Bevor ich meine Frau begrüßte, ließ ich erst alles

stehen und liegen, was mich irgendwie störte. Die Radschuhe wurden runter gerissen und

dann setzte ich mich direkt unter den Wasseraußenhahnen, natürlich nicht bevor ich ihn

voll aufgedreht hatte. Das kühlende Wasser war wie Weihnachten und Ostern zusammen. 

 

Es war wieder geschafft und alles gut gegangen. Eine schützende Hand hatte mich wieder

die ganze Strecke begleitet. 

    

 

Schlussbemerkung

 

Wer sich nicht sicher ist und sich nicht absolut quälen kann, sollte unabhängig von der Ver-

nunft, die sowieso dagegen spricht, solche Aktionen bleiben lassen.

 

Die Tour gab mir nochmals das, was ich erwartet hatte.

 

Teil I nach Venedig schaffe ich mit Sicherheit, weil ich top vorbereitet bin.

(das ist auch zugetroffen)

Teil II von Venedig zurück wird wieder der Leidensweg. Ich war mir aber immer sicher, dass

ich wieder ankommen werde. Ich wollte auch zügiger daheim sein.  

(das ist auch zugetroffen)

 

Auf schwierige Situationen war ich vorbereitet. Letztendlich hat dann wieder der Kopf ent-

schieden. Den soll man nie unterschätzen. Dass ich mich quälen kann, wusste ich schon vor-

her. Es war wieder grenzwertig, schön aber auch sau hart.

Ich bin zufrieden, dass ich es noch mal durchgezogen habe. Es hätte mir keine Ruhe gelassen.

Ich wollte zügiger daheim sein. Mit den knapp über 8 Stunden weniger kann ich gut leben.

Ich denke jetzt ist es vorbei.

Auch an diese Fahrt werde ich immer gerne zurück denken. 

Ein weiteres bleibendes Erlebnis.   

 

Bei der Abfahrt in Kaisersbach, am Donnerstag, hatte ich ein Gewicht von 72,6 kg. Bei der An-

kunft am Sonntag  67,5 kg. Trotz vielem Essen ist daraus zu entnehmen, wie der Körper ausge-nommen wird. Der Körperfettanteil fiel von 16,6 % auf 12,5 %. Wie die Blutwerte nach der

Fahrt ausgesehen haben, will ich lieber nicht wissen. Es heißt ja schon, dass die Blutwerte ei-

nes Marathonläufers, direkt nach dem Lauf, mit den Werten eines Aids-Kranken vergleich-

bar sind.

 

Also gesund kann das bestimmt nicht sein, was ich mit meinem sportlichen Dickkopf voll-

zogen habe.     

Einen Sonnenstich hatte ich tatsächlich. Die ganze Nacht auf Montag hatte ich einen Wasser-

eimer neben dem Bett und kühlte mit einem nassen Handtuch Kopf und Körper. Ich kam mir

vor wie ein Glühwürmchen. Am Montag so gegen 10 Uhr zum Frühstück fühlte ich mich wie-

der ganz gut.

Nebenbei bemerkt, ich bekam nach meiner Ankunft am Sonntag noch mein Bauernbrot mit angerösteten Zwiebeln und fünf Spiegeleiern. Ich glaube es war auch wieder alles in Ordnung.

Es wurde mir tags darauf ein ganz reichhaltiges Frühstück mit Kaffee bei lieber Betreuung ser-

viert.

Jetzt war alles gut. Auch für die Lernwerkstatt der Schule war mit rd. 13.400 € ein gutes Stand-

bein geschaffen. 

 

Vielen Dank an alle Spender, die in Verbindung mit dem Aufhänger der sportlichen Aktion, die

finanzielle Grundstocklegung für die Lernwerkstatt unterstützt haben.

 

Vielen Dank auch an meine ganzen Unterstützer und Helfer in der Vorbereitung und Abwicklung.

 

Vielen Dank auch an meine Familie, dass mir alle nicht mehr böse sind.         

 

 

 

Dieter Zimmermann

Dienstagsradler Welzheim

(www.dienstagsradler-welzheim.de)

Kämmerer der Gemeinde Kaisersbach